Das findet Eric Schlichter, Head of SHEQ & Processes bei der Firma Hoyer GmbH Internationale Fachspedition und Dozent am ELBCAMPUS für künftige Qualitätsbeauftragte.
Herr Schlichter, Vielen sind die Begriffe „Qualitätskontrolle“ oder „Qualitätssicherung“ bekannt als Maßnahmen, die bestimmte Mängel bei Produkten oder Dienstleistungen erkennen und abstellen sollen. „Qualitätsmanagement“ klingt demgegenüber umfassender und anspruchsvoller. Ist das nur Wortgeklingel, oder steckt mehr dahinter?
Eric Schlichter: Qualitätsmanagement ist in der Tat ein ganz umfassender Begriff: Er setzt nicht bei einzelnen Produkten oder Dienstleistungen an, sondern bei der Unternehmenskultur. Qualitätsmanagement ist etwas, das jede und jeden im Unternehmen betrifft, von der Geschäftsführung bis zu den Fahrern und Fahrerinnen eines LKW oder einzelnen Büromitarbeiter*Innen. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Qualität und die Sicherheit von Dienstleistungen und Produkten – sowohl für die Angestellten als auch für alle, mit denen sie Berührung haben.
Das klingt noch etwas abstrakt. Haben Sie ein Beispiel für die konkreten Aufgaben eines Qualitätsmanagement-Beauftragten?
Eric Schlichter: Meistens geht es um die Gestaltung und Anwendung von Regeln und Normen, nach denen bestimmte Prozesse ablaufen – den Rahmen dafür gibt z.B. die ISO 9001 vor, ein Qualitätsmanagement-System, nach dem Unternehmen zertifiziert werden. Diese Regeln beginnen bei ganz einfachen Dingen, die vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf den ersten Blick vielleicht banal erscheinen.
Qualitätsmanagement-Beauftragte mit gutem Blick für Arbeitsabläufe und direktem Draht zur Geschäftsführung
Ein Beispiel: In unserem Unternehmen gibt es die Regel, dass die Fahrer auf dem Weg von ihrem Fahrzeug ins Büro nicht aufs Handy gucken sollen. Das dient der Sicherheit, damit niemand stolpert und zu Schaden kommt. Gute QMBs erkennen auch solche vermeintlich kleinen Gefahrenquellen – und sorgen dafür, dass Regeln gefunden werden, die diesen Gefahren auf gute Weise begegnen. Dafür muss man einen guten Blick für Arbeitsabläufe haben – und einen guten, direkten Draht zur Geschäftsführung.
Das klingt ganz nach einem Job, bei dem man sich auch sehr schnell unbeliebt machen kann – bei den einfachen Mitarbeitern ebenso wie bei den Führungskräften!
Eric Schlichter: Nur, wenn man ihn falsch angeht. So, wie Qualitätsmanagement früher verstanden wurde, war es tatsächlich oftmals sowohl der Geschäftsführung lästig – „ein notwendiges Übel, kostet Geld und bringt nicht viel“ – als auch vielen Mitarbeitern, die sich kontrolliert fühlten.
Qualitätsmanagement-Beauftragte im Unternehmen
Und das hat sich geändert?
Eric Schlichter: Absolut! Zum einen dadurch, dass vor einigen Jahren die Verantwortung für die Einhaltung der ISO-Norm von den Qualitätsmanagern zur Geschäftsführung verlagert wurde. Dadurch hat die Geschäftsführung mittlerweile selbst ein ureigenes Interesse daran, dass es in einem Unternehmen gute Abläufe gibt und räumt dem Thema Qualitätssicherung viel mehr Bedeutung ein als früher.
Qualitätsmanagement-Beauftragte unterstützen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Hinzu kommt ein gewandeltes Selbstbild der QMBs: Sie sind eben nicht Inspektoren oder Kontrolleure, die Fehler von einzelnen Mitarbeiter*Innen aufdecken sollen. Sondern diejenigen, die im Interesse von Sicherheit und Qualität gemeinsam mit ihnen für gute Abläufe sorgen – als Dienstleister und Partner. Nicht Kontrolle, sondern Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht im Mittelpunkt der Arbeit.
Trotzdem braucht es wahrscheinlich in vielen Fällen diplomatisches Geschick und Menschenkenntnis…
Eric Schlichter: Das stimmt – und genau das ist einer der spannenden Aspekte dieses Berufs: Man muss gut zuhören und mit ganz unterschiedlichen Menschen umgehen können. Ich komme aus der Schifffahrt, da hatte ich von jungen Kadetten bis zu erfahrenen Offizieren ganz verschiedene Ansprechpartner. Kaum jemand kennt ein Unternehmen so gut wie ein QMB – alle Abteilungen, die Schnittstellen, alle Hierarchie-Ebenen.
Welche Fähigkeiten muss man noch mitbringen als QMB?
Eric Schlichter: Ganz wichtig sind eine gute Auffassungsgabe und das Verstehen von Arbeitsabläufen – sowohl ganz konkret und alltäglich, als auch in der statistischen bis hin zur strategischen Betrachtung. Für mich liegt in dieser Rundum-Qualifikation von analytischen und menschlichen Fähigkeiten der wohl größte Reiz dieses Berufs.
Als QMB stehen einem fast alle Branchen offen
Hinzu kommt: Als QMB stehen einem fast alle Branchen offen – denn die Regeln, z.B. nach ISO 9001, sind überall gleich. Das jeweilige branchenspezifische Fachwissen kann man meistens schnell lernen. Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus unseren Kursen können zum Beispiel in Unternehmen aus der Luftfahrtindustrie, bei Banken oder in der Lebensmittelbranche tätig werden.
Wie ist Ihr Eindruck von den Kursteilnehmern*innen nach Ihren ersten Monaten als Dozent am ELBCAMPUS?
Eric Schlichter: Die Motivation bei ihnen ist sehr hoch - das ist natürlich schön. Manchmal versenken sie sich in ihrem Eifer fast schon zu sehr in die Details von ISO 9001 – als wäre es ein Gesetzestext. Doch ISO 9001 funktioniert eher wie ein großer Rahmen, dessen Ausgestaltung immer wieder neu interpretiert werden muss. Wie die dort formulierten Ziele erreicht werden können und was sie im Einzelfall für die Abläufe in einem Betrieb bedeuten, liegt im Ermessen und in der Kreativität der Qualitätsbeauftragten. Ich freue mich, wenn ich diese wichtige – und wie ich finde, auch sehr reizvolle – Seite des Berufsbildes vermitteln kann.
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