Vielleicht wäre er ein guter Lehrer geworden. Aber Heinrich Rabeling ist Kaufmann. Allerdings hat er es in seiner Position auch mit Lehrenden und Lernenden zu tun: Er ist seit 17 Jahren Geschäftsführer des ELBCAMPUS in Hamburg.
Heinrich Rabeling sieht aus wie ein Mensch, der Tuba spielt: groß und kräftig, weißer gepflegter Vollbart, randlose Brille. Tatsächlich ist das große Blechblasinstrument so etwas wie seine Entspannungsmassage. Wenn Heinrich A. Rabeling – das A. steht für August – nicht die Geschäfte des ELBCAMPUS organisiert, spielt er Es-Tuba in zwei Posaunenchören, im kleinen Farmsener und im größeren in Wellingsbüttel. Letzterem kirchlichen Blechbläserorchester hält er seit fast 50 Jahren – mit ausgedehnter Pause – die Treue. Sogar seine Frau hat er überzeugt, dort mitzumachen. Sie spielt Tenorhorn. „Wir sehen uns ja durch meine Arbeit nicht so häufig, da lag die Idee schon nahe, ein gemeinsames Hobby zu haben“, sagt der engagierte Laienmusiker.
Eine Vorliebe für Blech
Seit einigen Jahren hat der „Wellblech“ genannte Posaunenchor einen professionellen Trompeter zum Leiter. Das hat dem Ensemble einen Professionalitätsschub gegeben. Die nächste Konzertreise führt beispielsweise nach Wien. „Wir spielen nicht nur Bach und Händel, sondern auch Jazz und Filmmusik“, sagt Rabeling. Aktuell werde die Ouvertüre aus dem Film „Die glorreichen Sieben“ geprobt. Kirche und Western – irgendwie hat das ja Tradition – zumindest in Spielfilmen wie obigem.
Doch auch wenn Musik für Heinrich Rabeling ein essenzieller Bestandteil seines Lebens ist, in erster Linie ist der 62-Jährige Kaufmann. Geboren in Bremen, aufgewachsen in Hamburg hat er das hanseatische Denken verinnerlicht. Er war Getreidehändler für die Amerikaner an Europas größtem Getreidehandelsplatz in Paris. Anschließend hat er Graphit und Kieselgur für ein deutsches Bergbauunternehmen und schließlich Gasprodukte für einen schwedischen Konzern an die Kunden gebracht.
Spezialist für den Verkauf erklärungsbedürftiger Produkte
Darüber bekam er Kontakte zur Schweißtechnischen Lehr- und Versuchsanstalt Nord (SLV Nord), eine Tochtergesellschaft der Handwerkskammer, deren Geschäftsführer er ebenfalls ist. „Ich bin Spezialist für den Verkauf erklärungsbedürftiger Produkte“, sagt Rabeling schmunzelnd. Bildung sei auch so ein Produkt, bei dessen Kauf man sich auf Referenzen, Renommee, Erfahrungswerte verlassen müsse. „Also liefern wir die bestmögliche Qualität, damit unsere Kunden uns weiterempfehlen“, sagt er.
Studiert hat Heinrich Rabeling jedoch nicht in erster Linie Wirtschaft, sondern Geografie. Er liebt den Norden, vor allem Island, „weil es da für Geografen einfach alles zu sehen gibt, was spannend ist“, sagt er mit leuchtenden Augen. In seinem Büro zeugt überraschenderweise nichts von dieser Liebe. Keine Landkarten, keine Souvenirs. Dafür Kakteen und Sukkulenten, ein immerwährender Kalender mit farbenfrohen Fischen, ein Papagei aus Plüsch – alles nicht aus Nordeuropa.
Die Kakteen, erzählt Rabeling lachend, stehen im Büro, weil seine Frau die nicht möge und weil sie pflegeleicht sind. Den Papageien habe sie ihm mal geschenkt. Und der Kalender? Ein Zugeständnis an seine Sparsamkeit. „Man muss an der richtigen Stelle Geld ausgeben, zum Beispiel für Bildung“, sagt er, „die zahlt sich immer aus.“
Während andere Menschen seines Alters sehnsüchtig auf den Ruhestand warten, denkt Rabeling darüber noch nicht nach. „Ich habe immer im Jetzt gelebt. Wenn ich Lust auf eine Reise habe, mache ich sie“, sagt er. Diese Haltung ist keineswegs kokett. Sie entspricht seiner Einstellung zum Leben. Deshalb steht er morgens um 5 Uhr auf und geht viermal pro Woche schwimmen. „Ein bisschen mehr Schlaf wäre vielleicht ganz gut“, sagt er lachend. Aber dafür hat einer wie er keine Zeit.